
Das Team Alpecin beim Rhönmarathon
Hallo liebe Radsportfreunde, da bin ich wieder! Wie versprochen werde ich euch weiter über die Saison unseres Teams berichten. Der erste Team Alpecin Meilenstein wurde am Pfingstwochenende erreicht – ja das ist schon ein wenig her, aber wie sagt man so schön: lieber spät als nie! Beim heißesten Rhönmarathon in der langen Tradition dieser RTF (Rad Touristik Fahrt) waren wir am Start. Gerne erstatte ich einen „Leidensbericht“…
238 km in der Sommerhitze
238 Kilometer entsprechen in etwa der Distanz zwischen Mannheim & Köln. Gute 2 Stunden Fahrt mit einer typischen Mittelklasse Vertreterlimousine oder 4 besinnliche Tage mit der Postkutsche. Da ist das Ziel das Ziel. In Bimbach, wo man an Pfingsten fährt, geht es auf 238 Kilometer rund – in jeder Hinsicht. Hier ist der Weg das Ziel.
Biedere Selbstzünder und bespannte Pferde sind heute deplatziert, der dauerhaft stimulierte Muskel ist alleinig für den Vorschub verantwortlich, ebenso Herz & Wille. Der Rhönmarathon hat Tradition, seit 25 Jahren erarbeitet sich eine stark wachsende Fangemeinde die grünen Buckel des Biosphärenreservats mit dem Alu- oder Carbonesel. Nicht umsonst sind die Marathonstrecken seit vergangenem Jahr auf der Team Alpecin Agenda gelistet, erfüllen sie doch die wesentlichen Kriterien, die ein Radevent für uns Jedermänner & Jederfrauen mitbringen muss. Extrem, horizontal wie vertikal betrachtet.
Die Reunion des Team Alpecin
Wir Alpecinis treffen uns bereits am Vortag am Lightweight Stand, sehen uns nach dem Trainingslager in Kaltern vor 2 Monaten zum ersten Mal wieder, Freude allenthalben. Auch viele „Allstars“ sind am Start und geben wertvolle Tipps fürs Rennen. Der Tag verfliegt rasch, Pasta-Party, Aufwärmrunde und Marathonstrategie beim Bierchen inklusive.
Um 3:50 Uhr traut sich noch kein Lichtstrahl in das Hotelzimmer. Dafür wagt der freche Wecker, den kurzen Schlaf zu beenden. Nach dem Frühstück, finde ich mich um kurz vor 6 Uhr in der ersten Startreihe wieder – ohne dafür etwas geleistet zu haben, außer glückliches Mitglied des Team Alpecin zu sein. Das Rocky-Theme schmettert aus dicken Lautsprechern, montiert auf dem Dach eines tiefergelegten SUV und heizt die Stimmung an.
Attacke!
Los geht’s, das Führungsfahrzeug wird mit über 40 Sachen durch die im Tiefschlaf befindlichen Dörfer gejagt, schafft es aber nicht uns abzuschütteln. Wahrscheinlich raubt der laute aber motivierende Sound aus den Tieftönern einfach zu viel Motorleistung des ohnehin schwächlich anmutenden Audi Q3 im RS Look.
Am ersten nennenswerten Berg des noch jungen Tages schafft es das Organisationsfahrzeug endlich, das hartnäckige Radlerpack abzuschütteln. Die Spitze des Feldes, prominent besetzt mit unserem Teamchef Jörg Ludewig oder auch Patrik Sinkewitz, schlägt nach wie vor ein hohes Tempo an – wird mir später berichtet, da ich schon längst abgehangen wurde.
Ich fahre für meine Verhältnisse durchaus zügig. Schwimme im vorderen Teil des Feldes mit und muss auch an Steigungen (noch) nicht reißen lassen. Nach 43 Kilometern und einem 35er Schnitt ist schon die erste Labe in Sicht. Ich muss natürlich die komplette Bandbreite an Backwerk verköstigen, obwohl der Appetit noch nicht wirklich präsent ist. Mit vollem Magen beschleunigt es sich schwer und bis zur nächsten Station warten laut Höhenprofil drei fiese Zacken. Einer davon ist Hessens höchster, die Wasserkuppe. Viel H2O kann ich in 910 Metern Höhe aber nicht ausmachen, weder am Gipfel (Etikettenschwindel!) noch in den Trinkflaschen. Diese leeren sich aber auch so verdammt schnell, dabei sind die Temperaturen noch moderat.
Die Sonne, sonst gern gesehener Freudenspender am Firmament, fängt an lästig zu werden, treibt mir den Schweiß in die Augen, sodass ich die schöne Landschaft nicht so genießen kann wie es sich geziemt. Christian, unser ältester (aber bei Leibe nicht alter) Alpecini, der oft neben mir pedaliert, zieht Parallelen zur schwäbischen Alb.
Meine Pedale liefert (unfreiwillig) neuen Sound
Ein Alptraum wird für mich und andere Teilnehmer in Hörweite das mittlerweile sehr laute Knarzen meines High-End Rades. Ursprünglich mutmaßte ich das Tretlager oder Schnellspanner als Lärmbelästiger, aber Christoph von SRAM identifizierte die nach 25.000 Kilometer Laufleistung ausgelutschten Pedale, welche ihr Spiel in den Carbonrahmen als perfekten Resonanzkörper übertrugen, als Übeltäter. Meine entschuldigenden Ausführungen münden in mitleidvollem Lächeln der Mitfahrer.
Ein paar Zweitpedale hatte ich natürlich nicht vorrätig, ahnte am Vortag nach der Diagnose aber auch nicht, wie vehement diese Verschleißoperette das Umland beschallen würde. Bergab war jedenfalls Stille, nur das Surren der Lightweight Meilenstein. Ich könnte langsamer fahren um die Ruhe zu genießen, aber dafür liebe ich Abfahrten mittlerweile zu sehr. Höhenmeter vernichten geht ganz ordentlich. Besonderen Respekt an dieser Stelle an Angie, die zu Beginn im Trainingslager in Kaltern noch gehörigen Respekt vor Gefällen hatte, aber derweil die meisten Radler bergab (wie auch bergauf) stehen lässt, Chapeau!
Ein ständiges Bergauf und Bergab
Nach jedem Downhill dauert es beim Rhönmarathon aber nicht lange bis es wieder „Uphill“ geht, Knarzen inklusive. Labe Nr. 2 in Bischofsheim gewährt dem Hörsinn Schonzeit. Neue Kuchenauswahl, die wird natürlich auch verprobt, yummy! Ich treffe fast alle Alpecinis wieder, welche auch teils auf der 202 Kilometer Marathonstrecke unterwegs sind und alle noch glücklich drein schauen.
Bevor der innere Schweinehund auf blöde Ideen kommt, geht es weiter. Nach einer ungewöhnlich langen flachen Passage wartet eine 11 Kilometer Rampe hinauf zur berühmten Hochrhönstraße, dem landschaftlich reizvollsten Part. Leider in der prallen Sonne die sich ebenso gemächlich dem Zenit nähert wie ich dem Gipfel. 11 Uhr und bereits 26°C. Ich nehme Leistung raus, fahre mit 250W unterhalb meiner anaeroben Schwelle, um Körner zu sparen. Der Puls bleibt aber beständig hoch bei knapp 170 Schlägen! Jetzt merke ich zum ersten Mal wie die Kräfte langsam schwinden – mit jedem Millimeter, welches sich das Quecksilber an der Temperaturskala hocharbeitet. Runter Richtung Labe 3 geht es wieder zügig, da mache ich Zeit gut, die gar nicht gemessen wird! Verrückt!
Beim Stop in Fladungen treffe ich abermals Alex, Christian, Sebastian & Gregor, die auch die Riesenschleife drehen. Sie wirken alle noch so unverschämt frisch, während mein Antlitz vielmehr an einen ausgekotzten Nacktmull erinnert, zumindest fühle ich mich so. Muss mich schon zwingen Kuchen zu essen, der Appetit wurde von der Solarkraft bereits verbrannt. Das Stück Schmandtorte war eventuell zu viel für die Darmflora. Doch jetzt ist gerade einmal Halbzeit, wir haben 130 Kilometer & 2.500 Höhenmeter hinter uns. Bei solchen Distanzen bin ich normalerweise nicht so bedient.
Im 2. Teil meines Rennberichts erfahrt ihr dann, ob die Außentemperatur oder (hoffentlich) meine Durchschnittsgeschwindigkeit höher ist!
Bis dahin,
Euer Alpecini Flo
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