
Die Reißkniebeuge – eine Übung für den ganzen Körper
Beobachtet man kleine Kinder im Sandkasten, so fällt schnell auf, dass diese immer wieder perfekt in die tiefe Kniebeuge gehen und problemlos aus dieser Position Gegenstände aufheben oder sogar eine ziemlich lange Zeit so verharren können. Leider sind natürliche Bewegungsmuster in unserer heutigen Gesellschaft nur noch Mangelware und aufgrund dessen ist der erwachsene „Durchschnittsmensch“ meist nicht mehr in der Lage, eine tiefe Kniebeuge durchzuführen; koordinativ sowie muskulär.
Das wollen wir ändern! Wir wollen euch dabei helfen, den Weg zur perfekten Kniebeuge zu finden. Dafür zeigen wir euch heute, wie man Reißkniebeuge bzw.Überkopfkniebeuge richtig macht.
Was ist eine Reißkniebeuge?
Im Gegensatz zu einer regulären Kniebeuge, die ihr sicher alle kennt, hält man bei der Ausführen einer Reißkniebeuge zusätzlich ein Gewicht mit gestreckten Armen über dem Kopf. Damit ist die Reißkniebeuge ein wichtiger Bewegungsbestandteil des Reißens einer Langhantel und kann insofern auch als Grundübung für das Erlernen des Reißens gesehen werden. Unter „Reißen“ versteht man, dass ein Sportler eine Langhantel in einer einzigen Bewegung vom Boden zur Hochstrecke bringt.
Was traininert ihr mit dieser Übung?
Ein enormer Gewinn dieser diffizilen Übung ist die Verbesserung eurer Körperstabilität und spezifisch die Stabilität im Bereich der Wirbelsäue, wodurch eure orthostatische (aufrechte) Haltung deutlich verbessert wird. Die Reißkniebeuge ist somit ein hervorragendes Training der Rückenstrecker (m. iliocostalis, m. longissimus, m. spinalis). Darüber hinaus werdet ihr eine Zunahme der Beweglichkeit im Schulterkomplex erfahren. Diese Form der Kniebeuge schult perfekt eure koordinativen Fähigkeiten und fördert zugleich die posturale Kontrolle (Gleichgewicht). Eben durch diese positiven Effekte hat sich die Reißkniebeuge bis in den therapeutischen Bereich vorgearbeitet.
Beim Durchführen der Übung werden die Beinmuskulatur, Gesäßmuskulatur, Hüftmuskulatur, Rumpfmuskulatur wie auch der Schultergürtel trainiert und gekräftigt. Ebenso werden Ellenbogen und Handgelenk stabilisiert. Darüber hinaus wird der Brustkorb gedehnt.
Und so macht ihr die Reißkniebeuge (Überkopfkniebeuge)
– Ihr stellt euch etwas weiter als schulterbreit hin und lasst die Füße leicht nach außen rotieren. Dann greift ihr die Langhantelstange deutlich weiter als schulterbreit und hebt sie über den Kopf. Blick geradeaus! Handgelenke sind leicht dorsal extendiert (nach hinten geneigt) und die Oberarme leicht nach außen rotiert.
– Eure Knie bewegen sich Richtung Fußspitzen; übt währenddessen Druck auf die Fersen aus. Der Oberkörper bildet dabei ein leichtes Hohlkreuz (Hyperlordose) und drückt die Brust raus. Die Arme sind gestreckt und zeigen während der ganzen Bewegung stets senkrecht nach oben. Die zu bewegende Last befindet sich somit über eurem Kopf.
– Ihr solltet in der konzentrischen Phase (Phase in der sich die Spannung im Muskel verändert und sich der Muskel verkürzt) der Bewegung das Gefühl haben, als ob ihr das Gewicht mit der Kraft der Beinstreckerkette balancierend auf Wirbelsäule und Oberarmen nach oben schiebt.
– Geht langsam tief, so dass eure Oberschenkel mindestens parallel zum Boden sind. Habt ihr die Technik optimiert, versucht die Hüfte unter der oberen Kniekante abzusetzen. Allerdings nur so tief bevor die Lendenwirbelsäule in die Kyphose (Rundrücken) geht.
Bevor ihr euch bei dieser Trainingseinheit an die Olympia Hantel wagt, trainiert erstmal ausgiebig mit einem leichten Stab oder Stock bis ihr wirklich diese Disziplin beherrscht!!!
Bisheriger Irrtum: Unter medizinischen Aspekten ist zu betonen, dass die tiefe Kniebeuge nicht – wie oft angenommen – zu stärkeren Kniegelenksbelastungen führt, da bei tiefen Kniebeugen wesentlich geringere Lasten zu bewegen sind als bei halben, die bei einem Kniegelenkswinkel von 90° ihren Umkehrpunkt haben.
Hilfestellungen für den Anfang
Immens wichtig für die richtige Ausführung einer tiefen Kniebeuge ist die Beweglichkeit im Bereich der beanspruchten Muskeln, Sehnen und Gelenke. Wie oben bereits erwähnt, spielt bei der Reißkniebeuge der Schultergürtel eine wichtige Rolle.
1. Schulter flexibilisieren
Nehmt dazu einen Stab in beide Hände (mehr als schulterbreit) und richtet den Oberkörper auf. Der Stab liegt vorne in Höhe Beckenkamm an. Führt ihn mit gestreckten Armen über den Kopf hinter den Körper zum unteren Rücken und wieder zurück. Wiederholt das ein paar Mal.
2. Aufrichtung des Oberkörpers (Brustkorb öffnen)
Hier nehmt ihr ein Tube oder Theraband hinzu. Setzt euch mit gestreckten Beinen auf den Boden. Beine und Oberkörper ergeben einen 90° Winkel. In jeder Hand habt ihr ein Ende des Bandes. Mit gestreckten Armen zieht ihr die Hände hinter den Kopf und drückt dabei die Brust nach vorne; behaltet diese Position ein paar Sekunden bei und wiederholt diese Übung mehrere Male. Band bzw. Tube sind tief um eine Stange, Sprossenwand oder ähnliches befestigt.
3. Dehnung mit der Rolle
Ihr könnt mit Hilfe einer Rolle (Blackroll, Trigger Roll, Faszienrolle, etc.) den großen Rückenmuskel (latissimus dorsi) dehnen und somit auch den Schultergürtel mobilisieren. Legt euch seitlich mit dem Oberkörper auf die Rolle und fahrt seitlich entlang des großen Rückenmuskels.
Auch die Oberschenkelmuskulatur kann mit der Rolle mobilisiert werden und den Bewegungsablauf einer Kniebeuge verbessern (siehe Black Roll Workout).
4. Bewegungsmuster erlernen
Setzt euch tief auf einen Bosu oder ähnliches. Den Oberkörper richtet ihr zuerst auf (Hyperlordose, Brust raus) und führt die Hände über den Kopf (Blick gerade aus). Legt den Oberkörper danach leicht nach vorne und drückt euch aus den Beinen hoch in den aufrechten Stand. Dadurch verbessert ihr langsam eure Stabilität und bekommt mehr Sicherheit für eine saubere Reißkniebeuge.
Fazit
Die Reißkniebeuge ist eine Kraftübung sondergleichen. Sie kräftigt die Ganzkörperstreckschlingen und Ganzkörperstabilisation und eignet sich außerordentlich zur Stabilisierung der Beinachse.
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